Ein zielgerichtetes Anamnesegespräch

Warum ein zielgerichtetes Anamnesegespräch wichtig ist

Ein fokussiertes Anamnesegespräch spart Zeit und liefert genau die Informationen, die du für Diagnose und Therapie brauchst. In der medizinischen Fachsprachprüfung zeigt es, dass du klinisch präzise und sprachlich sicher kommunizieren kannst.

1. Vorbereitung: Struktur und Leitfaden

  • Kurzvorbereitung: Skizziere dir vorab den Leitfaden (z. B. PQRST für Schmerz-Anamnese).

     

  • Schlüsselbereiche:

     

    1. Hauptbeschwerde (Was?)

       

    2. Zeitlicher Verlauf (Wann?)

       

    3. Qualität/Beschaffenheit (Wie?)

       

    4. Stärke/Intensität (Wie stark?)

       

    5. Begleitsymptome (Womit?)

       

    6. Auslöser/Lindernde Faktoren 

 

2. Fragetechniken: Offen, geschlossen, zielgerichtet

Technik

Einsatzbereich

Beispiel

Offen

Einstieg, um das Gespräch zu eröffnen

„Worum geht es bei Ihnen heute?“

Geschlossen

Klärung konkreter Fakten

„Haben Sie Fieber?“

Gezielt

Vertiefung spezieller Aspekte

„Wann haben die Schmerzen zum ersten Mal begonnen?“

 

3. Die PQRST-Methode im Überblick

  • Provocation/Prädisposition: „Was löst die Schmerzen aus?“

     

  • Quality/Qualität: „Wie würden Sie die Schmerzen beschreiben?“

     

  • Region/Radiation: „Wo genau sind die Schmerzen? Strahlen sie aus?“

     

  • Severity/Stärke: „Auf einer Skala von 1 bis 10, wie stark sind die Beschwerden?“

     

  • Time/Zeitverlauf: „Seit wann bestehen die Schmerzen?“

     

Mit dieser Technik erwischst du alle relevanten Details.

 

4. Sprache und Empathie verbinden

  • Aktives Zuhören: Kurze Bestätigungen („Verstehe“) zeigen den Patient*innen, dass du aufmerksam bist.

     

  • Zusammenfassen: „Lassen Sie mich kurz wiederholen…“

     

  • Empathische Formulierungen: „Das klingt belastend, erzählen Sie bitte weiter.“

     

So vermeidest du Missverständnisse und baust Vertrauen auf.

5. Fallabhängige Detailtiefe – Beispiele

Nicht in jeder Anamnese musst du jeden Aspekt bis ins kleinste Detail erfragen. Entscheide je nach Situation, welche Fragen wirklich relevant sind:

  • Unfallverletzung
    Bei einem Sturz nach einem Verkehrsunfall stehen Wunde, Schmerzen und neurologische Symptome im Vordergrund. Genussmittel (z. B. Alkohol, Nikotin) sind hier nur kurz zu erfassen, es sei denn, der Patient ist alkoholisiert gestürzt. Dann klärst du sofort ab:
    Haben Sie vor dem Sturz Alkohol getrunken? Wenn ja, wie viel und wann zuletzt?“

     

  • Akute Pankreatitis
    Alkohol ist hier ein wichtiger Risikofaktor. Frage also detailliert nach:
    „Wie oft trinken Sie alkoholische Getränke pro Woche? Welche Art und in welcher Menge?“
    Nur so kannst du die Ursache richtig einschätzen und die Therapie optimal planen.

     

  • Chronische Erkrankungen
    Bei langjährigen Erkrankungen (z. B. Diabetes, Asthma) lohnt sich eine ausführliche Lebensstil- und Medikamentenanamnese. Hier gehst du systematisch alle Genussmittel, Vorerkrankungen und bisherigen Therapien durch.

     

 

Wann weniger mehr ist

Manchmal lenkt zu viel Detail den Fokus weg von der Hauptbeschwerde. Halte dich an diese Faustregel:

Immer erst Hauptbeschwerde + PQRST, dann, falls nötig, Vertiefung in Risikofaktoren oder Lebensstil.

So vermeidest du unnötige Fragen und führst dennoch eine zielgerichtete und patientenorientierte Anamnese.

 

Mini-Challenge für heute

Erstelle einen Leitfaden für folgendes Szenario:

Eine 58-jährige Patientin klagt über chronische Rückenschmerzen seit vier Wochen.

Nutze PQRST und denk an offene, geschlossene und zielgerichtete Fragen. Teile deine Fragen gern in den Kommentaren!

 

Ausblick:
Nächste Woche geht es um nonverbale Kommunikation im Arzt-Patienten-Gespräch: Mimik, Gestik und Blickkontakt professionell einsetzen.

 

Viel Erfolg beim Üben! Du machst das großartig!

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